Falsche Verdächtigungen, falsch informierte Öffentlichkeit

Nach dem vermeintlichen Brandanschlag im vergangenen Januar in einer Teeküche des Kreishauses in Göttingen waren Polizei und Staatsanwaltschaft schnell bei der Hand mit der Vermutung, es müsse sich um eine politisch motivierte Tat von ‚Linksextremen’ handeln. Wer sonst als ‚Linksextremisten’ sollte schon in der Ausländerbehörde zündeln, denn schnell war der Zusammenhang mit der Abschiebepraxis des Landkreises Göttingen hergestellt.


Dankbar griff auch die bürgerliche Presse diesen Verdacht auf und wetterte gegen die Linken im Allgemeinen und die ‚Linksextremisten’ im Besonderen.
Trotz intensiver Ermittlungen in alle Richtungen, jedoch besonders Richtung links, trotz aller Bemühungen, den oder die Täter in diesem Personenkreis zu finden, trotz des Einsatzes von sog. „Mantrailing“-Hunden und trotz der einseitigen Berichterstattung im ‚Göttinger Tageblatt’, ist es nicht gelungen, Täter zu ermitteln: Das Verfahren musste eingestellt werden.
Aufgrund von Anträgen der Partei Die Linke beschäftigten sich daraufhin der Göttinger Stadtrat und der Kreistag mit dem Thema.
Initiativen von BürgerInnen und Stadtrat
Der Rat der Stadt Göttingen hat dann am 7. Mai 2010 mit einer Resolution die Einrichtung eines „Runden Tisches demokratisches und friedliches Göttingen“ angekündigt. Ziel dieses Runden Tisches soll sein, zukünftig Kriminalisierung von politischem Engagement durch die Polizei zu unterbinden. Nach Berichten des Stadtradio Göttingen verweigern aber Polizei und Staatsanwaltschaft die Teilnahme an diesem Runden Tisch. Polizeipräsident Kruse hatte zuvor bereits eine Stellungnahme vor dem Rat der Stadt Göttingen zu den Ungereimtheiten bei den polizeilichen Ermittlungen zum Brand im Göttinger Kreishaus abgesagt.
Aber auch Göttinger BürgerInnen wollen das seit Jahren zunehmend undemokratische Vorgehen der Polizei nicht länger unwidersprochen hinnehmen, was u.a. in die Gründung von zwei neuen Initiativen mündete:
Die „Initiative für gesellschaftliches Engagement“ (IfgE) veröffentlichte im März 2010 eine Dokumentation über Fälle von Kriminalisierung und politischer Justiz in Göttingen.
Bürger beobachten kopieDaneben gründete sich dieses Jahr die Gruppe „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ mit der Zielsetzung, Polizeiübergriffe zu dokumentieren, um Öffentlichkeit zu schaffen und ggf. Betroffene in Gerichtsverfahren  zu unterstützen.
Keine Hinterzimmergespräche zulassen!

Und wie reagiert die Polizei? Statt im Rahmen des Runden Tisches die Gelegenheit zum gemeinsamen Gespräch mit BürgerInnen und
Ratsfraktionen wahrzunehmen, wird nun bekannt, dass Polizeipräsident Kruse die Fraktionen des Stadtrates am 24. November zu einem Geheimtreffen einlädt: Offensichtlich sollen unter Ausschluss der Öffentlichkeit Hinterzimmergespräche geführt werden, um die Ratsfraktionen „auf Linie“ zu bringen.
Aber zum Glück machen Göttinger BürgerInnen diese Vorgänge öffentlich: Die IfgE und andere Gruppen fordern die Stadtratsfraktionen auf, sich nicht an diesen Gesprächen hinter verschlossenen Türen zu beteiligen und gegenüber der Polizei weiter auf eine öffentliche Auseinandersetzung zu bestehen. Sollte das Gespräch am 24. November trotzdem stattfinden, kündigen die Initiativen Proteste dagegen an. Genaueres war bei Drucklegung des GBE noch nicht bekannt, für aktuelle Informationen verweist die Redaktion daher auf das Stadtradio und das unabhängige online-Stadtmagazin www.goest.de.